Menschenrechtsverein


Sprungmarken

Menschenrechtsverein für Migranten e.V.
b-500-4
23. Februar 2021

Iran: Bestürzung über den Tod eines Gewissensgefangenen nach Folter und unterlassener medizinischer Hilfe

Der 33-jährige Behnam Mahjoubi gehörte einer verfolgten religiösen Minderheit an. Menschenrechtsaktivisten werfen dem iranischen Regime die "vorsätzliche Tötung" des Gefangenen vor. Das UN-Menschenrechtsbüro forderte am 22. Februar eine transparente Untersuchung des Todes von Behnam Mahjoubi. Sein Tod sei bezeichnend dafür, dass Gefangenen im Iran immer wieder die notwendige medizinische Versorgung verweigert werde.

mahjoubi-150

Der iranische Gewissensgefangene Behnam Mahjoubi (Bild) ist am 16. Februar im Teheraner Loghman-Krankenhaus gestorben. Der 33-Jährige war im Teheraner Evin-Gefängnis inhaftiert gewesen. Am 12. Februar wurden dem Gefangenen dort „Tabletten“ verabreicht, woraufhin sich sein Gesundheitszustand erheblich verschlechterte. Nach seiner Einlieferung ins Krankenhaus fiel er ins Koma und starb nach vier Tagen.

Menschenrechtsaktivisten werfen dem iranischen Regime die „vorsätzliche Tötung“ des Gefangenen vor. Die Behörden lassen die Obduktion des Leichnams nicht zu, um Spuren von Misshandlungen und Folter zu vertuschen.

Behnam Mahjoubi gehörte der religiösen Minderheit der Gonabadi-Derwische an. Die Gonabadi-Derwische im Iran betrachten sich als schiitische Muslime. Sie lehnen jedoch jede Form des politischen Islam ab und erkennen das Prinzip der religiösen und politischen Herrschaft des obersten Rechtsgelehrten, auf dem die Teheraner Diktatur basiert, nicht an. Wegen ihrer regimekritischen Haltung, aber auch, weil sie sich für soziale Belange und Menschenrechte einsetzen, werden Mitglieder dieser religiösen Minderheit immer wieder verfolgt und verhaftet.

Behnam Mahjoubi wurde im Februar 2018 während einer friedlichen Protestkundgebung von Angehörigen seiner Glaubensgemeinschaft in Teheran festgenommen und anschließend zu zwei Jahren Haft verurteilt.

In der Nacht des 19. Februar 2018 hatten sich mehrere Hundert Männer und Frauen der Gonabadi-Derwische vor dem Wohnsitz ihres geistigen Oberhaupts in Teheran versammelt, um gegen die verstärkte Verfolgung ihrer Gemeinschaft zu protestieren und die mögliche Festnahme ihres Oberhaupts zu verhindern. Regime-Truppen schlugen daraufhin Demonstranten mit Stöcken, Elektrokabeln und scharfen Gegenständen und setzten Tränengas, Wasserwerfer und scharfe Munition ein, um die Menge auseinanderzutreiben.

Protest-Derwische-400-2

Teheran, 19. Februar 2018: Regime-Gewalt gegen protestierende Anhänger der religiösen Minderheit der Gonabadi-Derwische.

Protest-Derwische-400-4

Protest-Derwische-400-3

Zahlreiche Fotos und Videos belegen das gewaltsame Vorgehen gegen die Demonstranten und zeigen Protestierende mit Platz- und anderen Wunden im Gesicht und am Körper.

Nach seiner Verhaftung war Behnam Mahjoubi monatelang in Isolationshaft und wurde durch Folter gezwungen, „Geständnisse“ zu unterschreiben. Nach seiner vorübergehenden Freilassung wurde er im August 2018 wegen „Gefährdung der Staatssicherheit“ zu zwei Jahren Gefängnis und einem zweijährigen Verbot der Mitwirkung an sozialen und politischen Gruppen verurteilt. Im Juni 2020 wurde er im Teheraner Evin-Gefängnis inhaftiert, um seine Haftstrafe zu verbüßen.

Behnam Mahjoubi litt an einer schweren Panikstörung, die sich seit Beginn der Inhaftierung aufgrund der unzureichenden medizinischen Versorgung verschlimmerte. Mehrere Ärzte attestierten dem kranken Gefangenen aus gesundheitlichen Gründen eine Haftunfähigkeit, doch die Behörden verweigerten ihm die Freilassung.

Im Dezember 2020 schrieb Amnesty International dazu u.a.:

„Behnam Mahjoubi, Angehöriger der religiösen Minderheit der Gonabadi-Derwische, des größten Sufi-Ordens im Iran, wird seit dem 20. Juni 2020 im Evin-Gefängnis festgehalten. Er ist ein gewaltloser politischer Gefangener, der nur wegen der friedlichen Wahrnehmung seiner Rechte auf Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungfreiheit inhaftiert ist. (…) Die Behörden weigern sich dennoch, ihn freizulassen. Laut gut unterrichteten Quellen foltern und misshandeln sie ihn stattdessen in anderer Weise, indem sie ihm zeitweise den Zugang zu seinen Medikamenten verweigern und ihn zu verschiedenen Gelegenheiten in ein psychiatrisches Krankenhaus bringen, in dem ihm gegen seinen Willen und ohne ihm zu sagen, was ihm verabreicht wird, chemische Substanzen injiziert werden. Im September 2020 drängte ihn der Gefängnisarzt Schlaftabletten zu nehmen, offenbar um damit seine Panikstörung zu kontrollieren. Nach der Einnahme bekam Behnam Mahjoubi Krampfanfälle und Teillähmungen. Seither hat sich sein Gesundheitszustand stark verschlechtert. Seine linke Körperhälfte ist zum Teil gelähmt, seine linke Hand zittert und ohne Hilfe kann er nicht gehen. Er ist schon mehrmals in den Hungerstreik getreten. Er protestiert damit gegen seine Inhaftierung und die Behandlung im Gefängnis, gegen die Verweigerung der fachärztlichen Versorgung außerhalb des Gefängnisses zur Behandlung seiner Krampfanfälle und Lähmungserscheinungen und gegen das wiederholte Vorenthalten seiner Medikamente.“

Das UN-Menschenrechtsbüro forderte am 22. Februar eine transparente Untersuchung des Todes von Behnam Mahjoubi. Sein Tod sei bezeichnend dafür, dass Gefangenen im Iran immer wieder die notwendige medizinische Versorgung verweigert werde.

Menschenrechtler haben die Europäische Union aufgerufen, ihren Einfluss geltend zu machen, damit eine internationale Untersuchungskommission die Zustände in den Gefängnissen des Teheraner Regimes untersuchen kann. Die schweren Menschenrechtsverletzungen, denen Gefangene im Iran ausgesetzt seien, dürften nicht ignoriert werden.

mehr Informationen



13. Juli 2024

Iran: Christen wegen ihres Glaubens zu langjährigen Haftstrafen verurteilt

Im Iran hält die Unterdrückung der christlichen Minderheit an. Christen sind dort schweren Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt, darunter willkürlichen Verhaftungen und Verurteilungen zu langjährigen Gefängnisstrafen. Die iranischen Christen, die trotz Verfolgung und Repressalien an ihrem Glauben festhalten und ihr Recht auf Religionsfreiheit verteidigen, brauchen den Schutz und die Hilfe der internationalen Gemeinschaft.

10. Juli 2024

Hinrichtung stoppen! Iranische Menschenrechtsaktivistin zum Tode verurteilt

Für das Teheraner Regime sind Hinrichtungen ein Unterdrückungsinstrument. Die Machthaber verschärfen den Terror gegen die aufbegehrende Bevölkerung, indem sie immer häufiger zur Todesstrafe greifen. Die Weltgemeinschaft muss wirksam handeln und den Druck auf das Regime erheblich verstärken, um weitere Hinrichtungen zu verhindern.

07. Juli 2024

Berlin: Großkundgebung für Demokratie und Menschenrechte im Iran

Tausende Exiliranerinnen und -Iraner aus ganz Europa fordern das Ende der Diktatur im Iran: NEIN zu Unterdrückung, Kriegstreiberei und Terror! JA zu Freiheit, Völkerverständigung und Frieden mit der Weltgemeinschaft!


Weitere Meldungen ..

Sprungmarken